„Nur nicht gleich sachlich werden! Es geht ja auch persönlich“: Für Anton Kuh (Wien 1890–1941 New York), diesen „Ausnahmsfall von renitentem Geist“ (Berthold Viertel), gab es „ein einziges argumentum ad rem“ – „das argumentum ad hominem“. Entgegen der verniedlichenden Rezeption im Zeichen anheimelnder Donaumonarchie-Nostalgie war der streitbare jüdische Intellektuelle keineswegs eine Wiener „Lokalgröße“ – Stichwort „Kaffeehausliterat“ –, sondern glossierte ganz nach seinem Lebensmotto die laufenden Wiener, Prager und Berliner Ereignisse und erfaßte die Physiognomie der 1910er, 1920er und 1930er Jahre so luzide, wie er sie brillant zeichnete. Bekennender Bohemien, ließ der fulminante Stegreifredner keine Gelegenheit aus, das „Épater le bourgeois“ geistlaunisch zu exerzieren. Er provozierte, legte den Finger auf den wunden Punkt, war programmatisch taktlos. „Linksler, Exzedent und Schmutzfink der Aufrichtigkeit“ (Kuh über Kuh), wurde der hochpolitische Kopf, der in der publizistischen Auseinandersetzung mit den Nazis Kopf und Kragen riskierte, als „Kulturbolschewik“ angefeindet. Seine Feuilletons, Theaterkritiken, Buchrezensionen und Glossen zum Tagesgeschehen dokumentieren sein hellwaches Verständnis für politische, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen. Sie nehmen sich, chronologisch gelesen, geradezu wie ein Index der bewegten Zeit aus, in der sie entstanden: tagesaktuelle Momentaufnahmen, die kein bißchen an Frische verloren haben – ungemein lebendig, frech und voll polemischer Verve.